Kapitel 1 Einführung – Agil und Feminin im Digitalzeitalter
Das Digitalzeitalter bietet uns Frauen eine einzigartige Chance, unsere Träume zu verwirklichen und unser Wissen zu teilen. Als Informatikerin und agile Managementtrainerin habe ich, Uta Kapp, hautnah miterlebt, wie die digitale Welt entstanden ist. Doch immer noch wagen sich zu wenige Frauen in diese Welt der Software. Deshalb möchte ich euch ermutigen, die kreative Seite der Gestaltung unserer digitalen Zukunft zu entdecken und mitzugestalten.
In jede Branche dieser Welt hat die Digitalisierung Einzug genommen. Mit den Lockdowns, während der Corona-Pandemie, hat das eine Beschleunigung erfahren. Digitale Produkte haben uns im Homeoffice begleitet. Es ist nicht notwendig in Programmiersprachen, wie Java oder Python, programmieren zu können, um das Potential der Digitalisierung auszuschöpfen. Plattformen und deren Programme, wie Facebook, Google und Instagram sind nützliches Handwerkzeug, um Visionen und Träume mit der Hilfe von digitalen Produkten in die Welt zu bringen. Software bestimmt unsere gemeinsame Zukunft auf diesem Planeten maßgeblich mit. Deshalb sprechen wir vom Digitalzeitalter. Auf dieser Technologiewelle surfen, das kann genauso gelernt werden wie Wellenreiten.
Agilität und Femininität, dass sind nützliche Qualitäten für das Digitalzeitalter, weil der Umgang mit Komplexität und nicht Vorhersehbarkeit besser mit Femininen Prinzipien, von den alten Chinesen auch Yin Qualitäten genannt, zu bewältigen ist. Being agile statt doing agile.
Als Mitglied im Diversity Council der Scrum.org habe ich mich zuerst mit dem Thema Vielfalt in Gender, Kultur, Sprache, Generationen, Behinderungen und anderen beschäftigt. Da das größte Interesse in dem Thema Gender lag und Frauen von mir Unterstützung im Technologieumfeld suchten, habe ich mir meine eigene Geschichte und meinen Weg als Frau in der Informatik näher angeschaut, um anderen Frauen damit einen Weg aufzuzeigen. Die Pandemie mit Home-Office hat fast jeden von uns dazu gezwungen, sich technologische Hilfsmittel anzueignen. Frauen tun sich vielfach schwer, diese anzunehmen. Ich möchte hier einen Weg aufzeigen, wie Frauen diese Möglichkeiten für sich nutzen können.
Auch wenn feminine und maskuline Energie von beiden Geschlechtern in Balance gehalten werden sollte, so wie Yin und Yang schon von den alten Samurai vor tausenden von Jahren, so spielt das feminine Prinzip für Frauen im allgemeinen eine größere Rolle. Bei meinen Trainings zum Thema Agilität beobachte ich seit vielen Jahren, wie sich die Dynamik ändert, wenn in einem Team ein großer Anteil Frauen mitwirkt. Auch Männer erlauben sich dann die femininen Prinzipien, die ich in einem späteren Kapitel detaillierter beschreibe, zu leben. In Teams, die nur aus Männern bestehen, überwiegt das maskuline Prinzip. In der Teamzusammensetzung ist auch eine Balance von Yin und Yang gesund.
Auf der Technologiewelle surfen bedeutet für Frauen, digitale Hilfsmittel für die Verwirklichung ihrer Wünsche und Lebensziele zur Verfügung zu haben. Frauen nutzen die neueste Technologie, um sie dazu einzusetzen, die Welt ein Stück zu verbessern. Sie möchten die Tools als Hilfsmittel für ihre Ziele einsetzen. Technologie ist für sie kein Selbstzweck.
Frauen stoßen an innere Grenzen, an nicht greifbare Barrieren, an der sie mit ihren Selbst-Zweifeln und Selbst-Verurteilungen umgehen lernen müssen, um ihr Potential im Digitalzeitalter auszuschöpfen. Sie müssen sich das zutrauen. So wird dieser Weg zu einem persönlichen Wachstumspfad. Das bedeutet Ängste und Scham zu überwinden.
Als ich talentierte Frauen, die sich ihres großen Potentials bewußt sind, fragte, was sie als größte Herausforderung und Frustration im Business erleben, da benannten sie folgende:
- Das Gefühl, nicht wertgeschätzt und zurückgewiesen zu werden und nicht für voll genommen zu werden.
- Selbstzweifel bezüglich der eigenen Qualifikation und Kompetenz.
- Altmodische Hierarchien und Machtstrukturen, die Frauen daran hindern, voranzukommen.
- Die Überforderung mit ständig neuen Technologien, die das Selbstvertrauen beeinträchtigen kann.
- Das Gefühl der Einsamkeit in einer von Männern dominierten Managementwelt.
Das drückt auf das Selbstvertrauen. Frauen sind eine Minderheit im Management, vor allem in dem Technologiesektor und fühlen sich deshalb einsam. Sie wünschen sich gleichgesinnte als Gesprächspartner. Gemeinsam stärker sein.
Doch es gibt Hoffnung. Frauen sind weltweit die Aufsteigerinnen und haben in den nächsten Jahren mehr Autonomie und Möglichkeiten als je zuvor. Um die Bedürfnisse von Frauen in der digitalen Welt zu erfüllen, brauchen wir ihre Mitwirkung. Wir können nicht erwarten, dass Männer all diese Anwendungen und Plattformen ohne unsere Visionen für uns gestalten.
Frauen haben viele Fähigkeiten und Talente, die sie der Welt als Geschenk geben möchten. Sie haben das Gefühl, diese nicht vollständig in der Form zum Ausdruck bringen können, wie sie dies gerne möchten. Es gibt also eine Kluft zwischen dem, was sie momentan für möglich halten und dem, was potentiell möglich ist für sie. Um diese Kluft zu schließen ist ein innerer Wachstumsprozess notwendig. Frauen sehnen sich danach nicht nur Jobs zu erfüllen in denen sie genau soviel verdienen wie Männer und genau soviel Einfluß haben, sondern sie möchten einen positiven Beitrag zum Ganzen liefern der ihnen Gleichzeitig Zeit gibt für Beziehung, Familie und Kinder. Sie möchten sich auf ihre Bestimmung hin bewegen.
Im Digitalzeitalter gibt es enorme Möglichkeiten quasi an unseren Fingerspitzen. Mit neuen Technologien, wie dem Internet, der Cloud und der Blockchain, hat die Menschheit ein neues Nervensystem der Vernetzung erschaffen. Neue Formen der Zusammenarbeit und des Teilens sind möglich. Aber auch die Komplexität der Systeme nimmt zu. Diese neuen Systeme sind nicht linear sondern chaotisch, widersprüchlich und verletzlich. Das Feminine, das besonders von Frauen verkörpert wird, kann mit diesen Qualitäten gut umgehen. Die neuen Systeme sind eher wie ein lebender Organismus, als wie eine Maschine und brauchen Hege und Pflege wie ein Garten.Frauen sind dafür prädestiniert. Leider treffe ich in dieser Domäne auf sehr wenige, wahrscheinlich unter 20%.
Meine Mission ist es, Frauen zu ermächtigen im Digitalzeitalter ihren Platz zu finden. Für eine gesunde Zukunft unserer Zivilisation ist das Feminine wichtiger den je. Dazu gibt es wissenschaftliche Studien. In einem TEDx Video über die „Athena Doctrine“ beschreibt John Gerzema seine Forschung hierzu.
Woran liegt es, dass Frauen diese neuen Möglichkeiten nicht als Mittel zum Zeck nutzen, um die Sehnsucht danach, ihrer Bestimmung zu folgen, zu erfüllen? Dies ist ein Paradox. Es liegt daran, dass sie dieses Potential noch nicht für sich nutzen können und es nicht erleben, sehen, hören, riechen und fühlen können. Es braucht einen persönlichen Wachstumsschritt. Abraham Maslow nannte dies Selbst-Aktualisierung, quasi ein Upgrade des Selbst, wie ein Softwareprogramm.
Wie es möglich ist, diese Kluft mit Hilfe des Feminine Agility Modell zu überbrücken, möchte ich in den nächsten Kapiteln beschreiben.