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Bist du Kompetent oder hast du Wissen?

Agilität ist eine Schlüsselkompetenz für das Digitalzeitalter. Dafür reicht Wissen von Youtube nicht aus.

Kompetent sein oder Wissen haben, das ist ein großer Unterschied. Die EU gibt den Startschuss für das Jahr der Kompetenzen. Hier geht es vor allem um ein digitales Europa und die Digitalisierung von Unternehmen und Behörden.

Unter dem Stichwort FutureSkills: Welche Kompetenzen in Deutschland fehlen, kommt der Stifterverband (Bildung, Wissenschaft, Innovation) zu der Erkenntnis, dass der Bedarf an Technologie-Spezialisten hoch ist. „Zusätzlich müssen jeweils über 2,4 Millionen Erwerbstätige in Schlüsselqualifikationen, wie agilem Arbeiten, digitalem Lernen oder Kollaborationstechniken befähigt werden.“ Neue Arbeitsformen erfordern ein verändertes Set an Schlüsselqualifikationen bei allen Mitarbeitern. Laut dieser Studie gehört zu einer digitalen Grundfähigkeiten das digitale Lernen für die Wissensgenerierung, die Fähigkeit zu kollaborativem Arbeiten. Wer diese Fähigkeiten beherrscht, der kann in einer immer stärker digital geprägten Welt kooperativ und agil arbeiten, wirkungsvoll interagieren und kritische Entscheidungen treffen.

Professor Yasmin Weiß hat in ihrem Buch „Weltbeste Bildung, wie wir unsere digitale Zukunft sichern“ wunderbar beschrieben, wie lebenslanges Lernen aussehen kann und muss. Sie nennt es die Transformation zum Ökosystem der lebenslangen Bildung.

 

Ich, Uta, habe es in den letzten 30 Jahren zu meiner Aufgabe gemacht, Menschen bei ihrem lebenslangen Lernen zu begleiten. Auf dem Weg zum agilen Unternehmen gilt es sich neue Fertigkeiten anzueignen. Unsere Scrum Kurse sind deshalb vor allem der Rahmen, um neue Kompetenzen miteinander zu erwerben. Wissen und Information kann man sich heute in einem Youtube Video aneignen. Miteinander im Team Kundennutzen zu prognostizieren und sich darüber mit Gleichgesinnten auszutauschen, dass bildet Kompetenz.

 

Aus meiner Sicht reicht es nicht, sich in einem Bereich Spezialistenwissen anzueignen. Unternehmen versuchen immer noch Mitarbeiter mit den richtigen Qualifikationen einzukaufen. Diese Personen gibt es nicht und kann es auch nicht auf dem Arbeitsmarkt geben, weil die Geschwindigkeit der Veränderung zu groß ist. In den letzten Jahren war eine meiner Lieblingsbemerkungen in meinen Workshops mit Mitarbeitenden aus dem mittleren Management folgendes: „Ihr versucht gerade Cloud Spezialisten, die Linux können sollen, einzukaufen. Es stellen sich nur Personen vor, die woanders entlassen wurden, weil sie Windows können.“ Ich schaue da dann in entsetzte Gesichter. „Woher weißt du das?“ Klar, weil das bei allen meinen Kunden so ist. Es reicht bei der Komplexität von Cloud und Digitalisierung nicht, eine Spezialkompetenz zu besitzen. Mitarbeiter brauchen auch die Fähigkeit dieses Wissen mit anderen zu teilen. Sie werden dann zu Lehrern für die Kollegen. Dies erfordert Kompetenzen der Kollaborationsfähigkeit. Damit diese Kompetenzen auf fruchtbaren Boden fallen, muss die Bereitschaft sein Wissen zu teilen lohnenswert sein. Dies erfordert kompetente Führungskräfte, die gelernt haben, konstruktiv Feedback zu geben. Die heutigen Bonussysteme in Unternehmen, mit Mitarbeiterbeurteilung und Zielvereinbarung, entspringen dem Industriezeitalter und sind für das Digitalzeitalter nicht dienlich. Neue Skills für das Digitalzeitalter sind nötig für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen, damit die Summe der Kompetenzen, aller Mitarbeitenden, mehr ist, als die eines jeden Einzelnen. Kompetenzen sind gefragt. Diese gehen weit über Skills und Techniken hinaus. Wie sehen diese komplexen Kompetenzen aus?

Feedback generieren

Eine Feedback Kultur in einem Unternehmen entsteht nicht dadurch, dass jemand sie anordnet. Sie muss wachsen. Zuerst einmal braucht es einen Container an psychologischer Sicherheit, in der dieses stattfinden kann. Dann braucht es Skills, um Lob und Tadel durch kompetentes Feedback zu ersetzen. Meine Erfahrung in über 10 jähriger Arbeit mit Führungskräften und deren agilen Führungskompetenzen ist, dass diese noch fast niemand hat. Das gute ist, dass diese Skills erlernbar sind und dann als Kompetenz wachsen können. Ich benenne diese Kompetenzen gerne als agile PowerSkills. Zuhören, Fragen stellen, empathisch Sein und den Rücken stärken statt Anweisungen und Zurechtweisung. Das will geübt werden.

 

Die Zusammenarbeit im Team benötigt gemeinsames Lernen. Lernen benötigt konstruktives Feedback. Dies erfordert einen Mindset von persönlichem Wachstum. Leider wurde uns dies allen in der Schule gründlich ausgetrieben und wir müssen uns erst einmal über unser Notentrauma hinaus entwickeln, bevor wir in der Lage sind konstruktives Feedback zu empfangen und zu geben. Dies bedarf einer Potentialentwicklung eines jeden Einzelnen. Dazu ist es notwendig sich persönlich von alten Glaubenssätzen zu verabschieden. Coaching Praktiken als Führungskompetenz ist hier angesagt. Die Aufgabe eines Servant Leaders ist es, die Mitarbeiter und das Unternehmen weiterzuentwickeln.

 

In dem agilen Mindset seht Inspektion und Adaption im Zentrum. Dafür sind agile Frameworks, wie Scrum, ausgelegt. Das Rahmenwerk muss mit menschlichen Kompetenzen gefüllt werden, sonst ist das wie ein Bilderrahmen, bei dem das Kunstwerk fehlt.

Kundenfeedback einholen

Was hat Nutzwert für den Kunden? Um diese Frage zu beantworten, brauchen wir das Feedback von denen, die Nutzen erhalten sollen. Ein altes Indianersprichwort besagt: „Großer Geist, bewahre mich davor, über einen Menschen zu urteilen, ehe ich nicht eine Meile in seinen Mokassins gegangen bin.“

Mehr als 80% des Softwarecodes in unseren IT Systemen wird nie angesteuert. Jetzt ist die erste Reaktion: „bei uns nicht“. Meine Frage ist dann immer, ob es gemessen wurde. Alle Unternehmen, die dies messen, kommen zu dem gleichen Schluss. Messen bedeutet auch Kundenfeedback. Leider fehlt meist das Vertrauen der Kunden ihr Nutzerverhalten messen zu lassen, weil der Missbrauch der Daten als zu hoch empfunden wird. Dieser ungenutzte Code belastet das ganze Unternehmen. Statt Nutzen für die Kunden zu erzeugen ist Selbstbeschäftigung mit überbordenden Systemen an der Tagesordnung, bei dem die Zeit mit Fehlersuche und unnötiger Bürokratie verbracht wird, statt Nutzen für den Kunden zu liefern.

Auch hier brauchen wir Kollaborationstechniken zwischen Kunden und Lieferanten. Die sehe ich noch selten in Unternehmen. Je mehr die Komplexität ansteigt, des do wichtiger wird diese Kompetenz. Diese ist deutlich umfangreicher als ein Net Promoter Score 5).

Den Reifegrad eines agilen Teams und Unternehmens misst man an der Fähigkeit Kundennutzen zu erzeugen, statt an sinnlosem Output. Dies wird um so komplexer, je mehr Dienstleister involviert sind.

Entscheidungen treffen

Entscheidungen treffen gehörte zu den Aufgaben eines Leaders im Industriezeitalter. Es galt autoritär Ansagen zu machen, denen niemand widersprechen durfte. Das hat bei der Art der Aufgaben gut funktioniert und ein Unternehmen erfolgreich gemacht. Eine moderne Fabrik ist wie eine Maschine organisiert. Diese Entscheidungen sind übersichtlich und gut strategisch zu überblicken.

 

Im Digitalzeitalter haben wir es mit komplexen Systemen zu tun. Am besten gefällt mir die Definition von Komplexität im Cynefin Frame (Dave Snowden), wo komplexe Systeme mit einem tropischen Regenwald verglichen werden. Mehr ist unbekannt als bekannt. Ich selbst ziehe gerne die afrikanische Savanne heran, da sie mir vertrauter ist und ich als Kind im afrikanischen Busch gelebt habe.

Komplexe Systeme sind unübersichtlich. Wenn man an einem Ende zieht, dann purzelt es am anderen. Unsere modernen Computer Systeme, die immer mehr in der Cloud laufen und einen Vernetzungsgrad haben, der über viele Firmen hinweg geht, sind wie die afrikanische Savanne, der tropische Regenwald oder ein Korallenriff. Die beteiligten Menschen und ihre Kompetenz, egal ob Kunde oder Mitarbeiter sind Teil des Systems und nicht, wie bei einer Maschine, die Operator. Hier geht es nicht! um Transhumanismus, bei dem Menschen zu Maschinen werden sollen. Im Gegenteil geht es hier darum, dass wir die menschlichen Fähigkeiten und Kompetenzen brauchen, über die nur lebende Wesen verfügen. Intuition, echte Empathie, Präsenz und Mut. Entscheidungen gemeinsam so zu treffen, dass jeder im Team diese genannten Qualitäten einbringen kann, dass ist die neue Kompetenz eines agilen Leaders.

 

Purpose definieren

Im angebrochenen Digitalzeitalter gibt es unendliche neue Möglichkeiten. Wenn diese so genutzt werden, dass sie mit dem Sinn einer besseren menschlichen Zivilisation erfüllt sind, dann verheißen sie ein goldenes Zeitalter. Als Waffe missbraucht bedeuten sie das Ende.

Immer mehr Unternehmen definieren einen Purpose für sich. Dieser dient dann als Nordstern für jeden im Unternehmen. Daraus ergeben sich die Visionen für neue Produkte, die dann zur Komplexitätsreduktion beitragen. Leadership im Digitalzeitalter benötigt diesen Weitblick. Dazu ist persönliches Wachstum notwendig. Was ist meine persönliche Vision? Damit gilt es anzufangen. Dann ist es möglich andere zu führen.

 

Ich selbst habe mir auf die Fahnen geschrieben das Feminine in die Welt des Digitalzeitalters zu bringen. Das Feminine betrifft nicht nur Frauen, sondern wie Yin und Yang sollten alle Menschen das Feminine und das Maskuline in Balance haben. Als diese Qualitäten gelten die weichen Eigenschaften, wie Empathie, Beziehung, Hege und Pflege, Sein. Das Feminine zieht Frauen mehr an als Männer. Da im Industriezeitalter das Maskuline so erfolgreich war, dominieren diese Strukturen in Unternehmen. In der Komplexität des Digitalzeitalters sind die weichen Faktoren gefragt. Auch Männer wünschen sich mehr von den femininen Qualitäten. Die Dominanz von Männern in der Software und IT ist der Spiegel eines Ungleichgewichts, dass alle zwingt, sich diesem Schema unterzuordnen.

 

Dieses Ungleichgewicht erzeugt viele Probleme. Es ist ein Teufelskreis. Unternehmen hätten gerne mehr Frauen in ihrem digitalen Spektrum. Diese können sie nicht finden. Frauen fühlen sich in diesem männerdominierten Feld nicht erwünscht und sogar weggebissen. In meinen anonymen Abfragen, was die größten Herausforderungen und Frustrationen von Frauen im Business sind, habe ich Antworten erhalten wie „Die größte Herausforderung besteht darin, nicht ernst genommen zu werden, zurückgewiesen zu werden, nicht für voll genommen zu werden und damit das Gefühl vermittelt zu bekommen, nicht akzeptiert und wertgeschätzt zu sein.“

Ich war überrascht, wie sehr dieses Feedback sich durchzog. In einer Websession haben wir uns damit beschäftigt: „Agil und Feminin – Warum das Digitalzeitalter weiblich ist„.

In den letzten Jahren habe ich für mich selbst die Möglichkeit wahrgenommen, mir zusätzlich Frauengruppen zunutze zu machen, für mein persönliches Wachstum. Das Feminine Power Framework 7) von Claire Zammit war dafür gut geeignet, weil es im Kern meine Erkenntnisse, aus dem agile Leadership, spiegelt. „You cannot become yourself by yourself“, dies ist das Mantra von Claire. Es gibt die Option der Selbstaktualisierung, um die Herausforderung als Frau zu überwinden. Das ist deutlich effektiver als zu warten, bis sich die Kultur zugunsten von Frauen ändert. Auch mein eigener Weg führte regelmäßig über den Selbst-Upgrade.

 

Feminine Qualitäten in das Agile einzubringen ist die Zielsetzung des Modells von FeminineAgility. Dazu braucht es ein Upgrade im Selbstvertrauen. Um die eigene Selbstwirksamkeit zu stärken, sind Lerngruppen hilfreich. Upskill und Reskill von persönlichen Kompetenzen ist der Schlüssel. Das Überwinden von inneren Barrieren ist der erste Schritt dazu. Das ist nicht ausreichend. Eine Vision für ein eigenes neues Narrativ, dass jenseits der gläsernen Decke liegt, an die jede Frau im Business stößt. Durchhaltevermögen gibt uns die Unterstützung von verständnisvollen Frauen, wenn ein Rückfall in die alten Muster kommt. 

Hier kannst du dich zum nächsten Workshop anmelden: „Agil und Feminin was bewirken„.

Fazit

Kompetenzen für das digitale Zeitalter sind vielfältig. Allen gemein ist die Fluidität dieser. Im Industriezeitalter reichte die Schulbildung für ein ganzes Berufsleben. Im Digitalzeitalter bedeutet dies lebenslanges Lernen.