Uta's Reise zu FeminineAgility
Der Weg zur Femininen Agilität
Meine, Uta’s, Reise zu „Feminine Agility“ begann lange, bevor der Begriff in meinem Bewusstsein einen Platz fand. In den achtziger Jahren, als junge Frau, die sich für Informatik entschieden hatte, betrat ich eine Welt, die von Männern dominiert wurde. Geboren in Deutschland, wanderte ich mit 7 Jahren nach Namibia aus und bin so in der wilden Schönheit der afrikanischen Savanne aufgewachsen. Es zog es mich für mein Studium nach Kapstadt. Dort, an der Universität, umgeben von Professoren aus der ganzen Welt, insbesondere aus den USA und Großbritannien, begegnete ich zum ersten Mal einem Computer und auch dem faszinierenden Thema der künstlichen Intelligenz
Diese frühe Erfahrung markierte den Beginn meiner Auseinandersetzung mit zwei Welten: der natürlichen und der technologischen. Als Kind in Namibia hatte ich eine tiefe Verbindung zur Natur, zur Intuition und zu zwischenmenschlichen Beziehungen erfahren. Der Computer – das Symbol der technischen Welt – stellte für mich eine grundlegend andere Realität dar, eine Welt der Maschinen, die im scharfen Kontrast zur organischen und intuitiven Welt der Natur stand.
1984 kehrte ich nach Europa zurück. Bosch erkannte meine Qualifikationen an und stellte mich auf Augenhöhe mit deutschen Diplomingenieuren ein. Diese Chance ergab sich nach einer erfolgreichen freiberuflichen Projektarbeit. Bei Bosch lernte ich die ersten Schritte in der Welt der Informatik zu gehen und auch meinen Weg in einer männerdominierten Umgebung. Bei meinem Einführungsseminar als einzige Frau zusammen mit 70 Ingenieuren, hieß es, es ist doch schön immer mal wieder eine Frau hier zu sehen.
In meinem Informatikstudium in Südafrika hatte ich programmieren gelernt, in einer Zeit, als die Rolle von Frauen in der Software, besonders in den frühen Jahrzehnten der Computerprogrammierung – noch dominanter war. Fast die Hälfte meiner Informatik Klasse, an der Universität Kapstadt, waren Frauen. Das lag daran, dass dieser Kurs Teil des Bachelor of Science Studiengangs war und kein Ingenieurstudiengang, wie in Deutschland.
Mein erstes Studienjahr fiel mit der Geburt des IBM PC zusammen. Der Traum von einem eigenen Computer begleitete mich, doch es sollte über ein Jahrzehnt dauern, bis ich mir diesen Wunsch erfüllen konnte. In den 1990er Jahren, als selbstständige Trainerin für die Programmiersprache Java und Mutter zweier Kinder, ritt ich auf der Welle des neu geborenen Internets. Das World Wide Web wurde zu meinem Arbeitsfeld, und Java – kostenlos für meinen ersten PC von Vobis – zu meinem Werkzeug.
Mit Kollegen zusammen lancierte ich ein Projekt, das die Möglichkeiten des Internets nutzte, um Werbung für Bücher zu machen, die auf Amazon verkauft wurden. Wir praktizierten Suchmaschinenoptimierung (SEO) zu einer Zeit, als das Internet noch von einer Vielzahl unterschiedlicher Suchmaschinen bevölkert wurde. Doch dann kam Google und veränderte alles. Die innovative Suchtechnologie von Google revolutionierte das Internet, und bald dominierte Google den Markt. Unser Traffic lief zu 80% über Google, doch mit den ständig angepassten Algorithmen schrumpfte unser Anteil am Kuchen.
Diese Entwicklung brachte mich zum Nachdenken über das Wesen und die Bedeutung von Visionen. „Nach den Sternen greifen“ wurde zu meiner Devise, als ich begann, mich intensiver mit dem Konzept der Vision auseinanderzusetzen. Technologie hat einen kurzen Lebenszyklus. Die Mission, die ein Mensch für sich empfindet, die dauert ein ganzes Leben. Wenn Technologie zum Tool wird, um die Vision dazu immer effektiver in der Welt umzusetzen, dann wird jede neue, schnellere Technologie zum Geschenk.
Die Anfangsjahre des Internets und meine Arbeit als Java-Trainerin offenbarten mir die komplexe Natur digitaler Landschaften. Sie erinnerten mich mehr an die afrikanische Savanne als an eine Kaffeemaschine. Es war die Summe menschlicher Beziehungen, die die Komplexität in der technischen Welt hervorrief. Teamarbeit wurde zur Notwendigkeit, da einzelne Programmierer die wachsenden Systeme nicht mehr allein beherrschen konnten.
Der Versuch, Softwareprojekte mit traditionellen Methoden der Arbeitsteilung zu steuern, stieß bald an seine Grenzen. Die exponentiell wachsenden Systeme forderten neue Ansätze. In den Neunzigern beteiligte ich mich an der Entwicklung eines Computerspiels und erkannte, dass empirische Entwicklungsmethoden und Agilität unverzichtbar waren. Konflikte innerhalb des Teams und die Notwendigkeit von Kreativität und Begeisterung für die Schaffung von Neuem führten mich zu Scrum – einem Ansatz, der das empirische Vorgehen in einer Weise neu verpackte, die einzigartig war.
Diese Erkenntnisse und Erfahrungen legten den Grundstein für meinen Weg zur Femininen Agilität, einem Konzept, das die Verbindung von intuitiver Führung und selbstorganisierten Teams in den Mittelpunkt stellt.
Die Scrum Erfahrung
Pionierarbeit
Ab dem Jahr 2007 begab ich mich bewusst auf den Scrum Weg, motiviert durch meine unermüdliche Suche nach verbesserten Methoden der Zusammenarbeit innerhalb von Organisationen. Meine früheren Erfahrungen als Trainerin für Java und objektorientierte Programmierung hatten mich bereits mit der Notwendigkeit konfrontiert, über traditionelle Arbeitsmethoden hinauszudenken. Die Entdeckung systemischer Aufstellungen, eine Methode, die von Bert Hellinger entwickelt wurde, markierte einen Wendepunkt in meinem Verständnis von organisatorischen und interpersonellen Dynamiken. Die intensive Auseinandersetzung mit Coaching, Gruppendynamik, Soziodrama und insbesondere mit der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg bereicherten meinen Werkzeugkasten für die Begleitung von Menschen und Teams in Veränderungsprozessen. Ich hatte Ausbildungsgruppen und ich war in hunderten von Aufstellungen dabei. Auch Bert Hellinger habe ich live in action erlebt.
Die Faszination für Scrum wurzelte vor allem in der Idee der selbstorganisierenden Teams. Diese Idee spiegelte meine Erkenntnis wider, dass in der wachsenden Komplexität des Internets und der Entwicklung von Java-Systemen das volle Potential jedes Teammitglieds unerlässlich ist. Ein Team muss in der Lage sein, sein gemeinsames Potential zu entfalten und zu nutzen.
Die Veröffentlichung des agilen Manifestes im Jahr 2001 gab dem Konzept der Agilität einen Rahmen und einen Namen. Scrum gab es schon seit Anfang der Neunziger und es war etwas radikal neues. Die Konzepte der Selbstorganisation und Sprints veränderten grundlegend meine Sichtweise auf Projekte und Teamarbeit. Die Erkenntnis, dass Zeit relativ ist und dass Teams ihre eigenen Dynamiken und Strukturen effektiv gestalten können, war revolutionär.
Sprints
Der Unterschied zwischen „Clock-Time“ und „Einstein-Time“ wird in der Struktur eines Sprints deutlich. Die Frage, was man in zwei Wochen erreichen kann, unterscheidet sich grundlegend von der Frage, wie lange man für zwanzig Aufgaben benötigt. Wenn die Dauer eines Sprints festgelegt ist, wird die Zeit, die eine Aufgabe in Anspruch nimmt, relativ. Albert Einstein stellte fest, dass Zeit relativ ist – eine Erkenntnis, die auch im Kontext von Scrum eine wichtige Rolle spielt.
Selbstorganisierende Teams: Eine neue Art der Zusammenarbeit
Ein selbstorganisierendes Team unterscheidet sich fundamental von einer Gruppe, die von einem Teamleiter geführt wird, der Aufgaben zuteilt und deren Erledigung kontrolliert. Die Beziehungen innerhalb eines echten selbstorganisierenden Teams sind lateral, nicht hierarchisch. Dieser Ansatz fördert die Eigenverantwortung, Kreativität und Initiative jedes Teammitglieds und bildet die Basis für agiles Arbeiten.
Als Pionierin unterwegs mit Scrum
Mit der wachsenden Popularität von Scrum in Europa wurde ich Zeugin und Begleiterin vieler Teams, die sich auf den Weg machten, Scrum zu lernen und in ihre Arbeitsprozesse zu integrieren. Die Erfahrungen aus diesen Begegnungen stärkten meine Überzeugung, dass die agilen Prinzipien, insbesondere das Primat von Individuen und Interaktionen über Prozesse und Werkzeuge, ein Echo der als feminin wahrgenommenen Werte von Beziehung, Verbindung und Interaktion darstellen.
Als Scrum in Europa größer wurde, traf ich sehr viel Teams in Unternehmen oder in offenen Kursen, die Scrum lernen wollten. Viele Teilnehmer hatten schon enorm viel Erfahrung mit Scrum Sie kamen in die Trainings um sich mit anderen auszutauschen. Ich wurde zu einem guten Facilitator. Ich schuf Räume, in denen die Teilnehmer voneinander lernen konnten und ich von ihnen.
Was ich in diesen Jahren lernte
In diesen ersten Jahren stiess ich auf mega erfolgreiche Scrum Teams in ganz Europa. Selbstorganisierte Teams, die ihr volles Potential entwickeln können, die werden exponentiell Kreativ. In allen großen und kleinen Firmen gab es solche Teams. Sie experimentierten mit Scrum und waren sehr erfolgreich. Dies waren fast immer Grassroot Bewegungen in Unternehmen. Das erste Prinzip des agilen Manifestes stand im Mittelpunkt:
„Wir erschließen bessere Wege, Software zu entwickeln,
indem wir es selbst tun und anderen dabei helfen.
Durch diese Tätigkeit haben wir diese Werte zu schätzen gelernt: Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge“.
Dieses Prinzip läßt sich so interpretieren, dass als feminin angesehene Eigenschaften, wie Beziehungen, Verbindung und Interaktion, wichtiger ist als maskuline. Mit Prozessen ist hier Struktur gemeint, die genau Vorschreibt, was zu tun ist, wie an einem Fließband. Das ist ein maskulines Prinzip. Ich interpretiere das agile Manifest so, dass alle Werte die auf der Linken Seite stehen im Kern feminine Eigenschaften sind . Die auf der rechten Seite, die nicht so sehr geschätzt werden, sind im Kern maskuline Prinzipien.
Es war eine Freude, mit diesen Teams zu arbeiten. Die Vorgesetzten standen hinter dem agilen Mindset und führten es. So bekam ich Projekte in sehr innovativen Bereichen zu Gesicht, wie beim Car Sharing, Elektromobilität, Connected Drive Projekte. Die Konkurrenz zu Dropbox bei Unternehmen in der Cloud. In Schweden berichteten die Kollegen über Spotify. Auch Unternehmen, wie Google und Tesla hatten den agilen Mindset. Microsoft schwenkte um auf Agilität in der Softwareentwicklung.
Herausforderungen der agilen Bewegung
Die rasante Verbreitung und der Erfolg agiler Methoden führten auch zu Herausforderungen. Die kommerzielle Vereinnahmung und die Abkehr von den Grundprinzipien der Agilität zeigten die Grenzen einer rein instrumentellen Anwendung von Scrum. Prozesse und Tools wurden wichtiger als Menschen und deren Beziehungen. Der Begriff Scrum wurde in vielen Unternehmen zu verbrannter Erde. Ken Schwaber’s Kritik an einer Verwässerung agiler Frameworks durch, wie ich es beschreiben möchte, ein maskulines Mindset, warnte vor den Konsequenzen dieser Entwicklung. In seinem Blog unSAFe at any speed löste er 2013 einen regelrechten Shitstorm aus. Er sollte Recht behalten.
Die nächste Welle
Die Reise mit Scrum und die Erfahrungen als Pionierin in diesem Feld haben mich gelehrt, dass echte Agilität über die technischen Aspekte hinausgeht und eine kulturelle Transformation erfordert, die sowohl feminine als auch maskuline Prinzipien wertschätzt und integriert.
Die nächste Welle der Agilität, die ich nun erlebe, verspricht eine noch stärkere Betonung dieser integrativen Ansätze, die für die Bewältigung der Herausforderungen unserer Zeit unerlässlich sind.
Feminine Power
Meine Suche nach Lösungen für die ganzen menschlichen Herausforderungen ging weiter. Als Pionierin mit agiler Führung stiess ich immer öfter auf meine eigenen inneren Glass-Ceilings. Ich war eine der ganz wenigen Frauen die als Scrum Trainerin unterwegs war, in einem männerdominiertem Revier. Ich wurde genau so gut bezahlt, wie jeder Mann und ich wurde auch respektiert und gut behandelt. Trotzdem spürte ich mein eigenes inneres Imposter Phänomen.
Was war geschehen? Scrum breitete sich sehr stark in der Softwaredomäne aus. Jedes größere Unternehmen in der Telekommunikation, in der Automobilindustrie, in der Pharmaindustrie, bei Banken, Versicherungen und bei Tech-Unternehmen. Dies führte dann schnell zu Gegnern. Wenn ein Unternehmen die Transformation von einem hierarchisch geführten Unternehmen, zu einem eher holarchisch organisierten Unternehmen macht, dann fliegen die Fetzen.
Mein Weg zu Feminine Power
Die Arbeit von Claire Zammit bildet einen wesentlichen Meilenstein für Frauen, die nach Wegen suchen, ihre Beziehung zum Ganzen zu verstehen und zu gestalten. Ihre bahnbrechende Dissertation mit dem Titel „Feminine Power as a tripartite system of relatedness“ bietet tiefe Einblicke in die essenzielle Rolle femininer Energie und Stärke in der Gestaltung von Beziehungen und der Verbindung zum universellen Ganzen.
Tripartite System der Verbundenheit
Zammit eröffnet in ihrer Arbeit eine neue Perspektive auf die Macht des Femininen, indem sie es als ein dreiteiliges System der Verbundenheit darstellt. Dieses Modell bietet einen Rahmen, innerhalb dessen Frauen ihre eigene Stärke erkennen und entwickeln können, nicht durch Isolation oder Wettbewerb, sondern durch die tiefe Verbindung mit sich selbst, anderen und dem Leben selbst. Auch ich bekam mich, mit Hilfe von Claire, auf diese Reise.
Selbst-Beziehung
Der erste Aspekt des tripartiten Systems betrifft die Beziehung zu sich selbst. Zammit argumentiert, dass die Entdeckung und Entfaltung der eigenen femininen Kraft beginnt, wenn Frauen, aber auch Männer, lernen, ihre innere Weisheit und Intuition zu hören und zu ehren. Dieser Selbstbezug ist grundlegend für die Entwicklung eines starken inneren Kerns, von dem aus sie authentisch handeln und mit der Welt um sie herum in Beziehung treten können.
Beziehung zu Anderen
Der zweite Aspekt fokussiert auf die Beziehung zu anderen. Claire Zammit hebt hervor, wie die feminine Kraft durch Empathie, Zusammenhalt und die Fähigkeit zur tiefen emotionalen Verbindung charakterisiert wird. Diese Qualitäten ermöglichen es Frauen, starke und unterstützende Gemeinschaften zu bilden, in denen Wachstum, Heilung und Transformation möglich sind.
Beziehung zum Leben
Der dritte und umfassendste Aspekt ist die Beziehung zum Leben selbst. Hier geht es um die Anerkennung, dass wir Teil eines größeren Ganzen sind und unsere Handlungen und Entscheidungen in Resonanz mit den tieferen Strömungen des Lebens stehen. Zammit zeigt auf, dass das Verständnis und die Integration dieses Aspekts Frauen befähigt, mit größerem Vertrauen und Sinn für ihren Platz in der Welt zu handeln.
Integration auf der Ebene von Spiral Dynamics Integral
Claire Zammits Arbeit bietet Frauen einen Weg, ihre eigene Entwicklung und die Art und Weise, wie sie in der Welt agieren, zu verstehen. Es ist eine Einladung, über traditionelle Rollenmuster hinauszugehen und eine neue Art der Macht zu entdecken – eine, die auf Verbundenheit, Kooperation und dem Bewusstsein für das größere Ganze beruht.
Claire Zammit liefert mit ihrer Forschung nicht nur einen wichtigen Beitrag zur feministischen Theorie und Praxis, sondern bietet auch praktische Wege an, wie Frauen ihre einzigartigen Stärken erkennen und zum Wohl ihrer Gemeinschaften und der Welt einsetzen können. Ihre Arbeit ermutigt Frauen, die transformative Kraft der femininen Energie zu umarmen und sich als aktive Mitgestalterinnen einer integrierten, bewussten und vernetzten Welt zu sehen.
Lockdown
Inmitten der globalen Herausforderung, die die Corona-Pandemie darstellte, fand ich eine unerwartete Gelegenheit: die Welt des Online-Trainings öffnete sich mir. Diese Phase wurde zu einem Wendepunkt auf meiner Reise zur Entdeckung und Förderung femininer Stärken in der agilen Welt. Die Einladung an Tausende von Frauen, sich in dem wachsenden Feld der Agilität zu engagieren und mit ihnen in einen Dialog zu treten, markierte den Beginn einer intensiven Forschungsreise. Inspiriert durch meine Arbeit mit Claire und den Austausch in meinen POD-Gruppen, trat ich in eine Phase des persönlichen Wachstums ein, die tiefe Einblicke in die Bedürfnisse und Wünsche von Frauen in technologieorientierten Berufsfeldern offenbarte.
Überraschende Feedbacks und die Erkenntnis des Gender-Bias
Die Rückmeldungen, die ich von den teilnehmenden Frauen erhielt, waren sowohl phänomenal als auch überraschend. Ich war tief berührt von der Offenheit und der Ehrlichkeit, mit der die Frauen ihre Erfahrungen, Wünsche und die von ihnen wahrgenommenen Geschlechter-Voreingenommenheiten teilten. Es wurde deutlich, dass der Gender-Bias in der Technologie- und Softwarebranche weit größer und tiefgreifender war, als ich es mir vorgestellt hatte. Die Zusammenarbeit mit Claire ermöglichte es mir, die immense Sehnsucht von Frauen nach einer stärkeren Verbindung zum Femininen – sowohl im professionellen als auch im persönlichen Kontext – zu erkennen und zu verstehen.
Historisch gesehen haben sich Gesellschaften häufig an männlich geprägten Wissens- und Verhaltensweisen orientiert und versucht, sich in ein patriarchalisches System einzufügen, das Shaef als „weißes männliches System“ bezeichnet. Die Erkenntnisse aus dem Kapitel „Der Aufstieg der Frauen“ zeigen, dass dieser Ansatz für viele nicht erfolgreich war. Die vorgeschlagene Lösung besteht darin, einen neuen Orientierungspunkt zu finden, einen „neuen Nordstern“. Dies beinhaltet eine Neuausrichtung und die Wiederanbindung an das Weibliche.
Diese Idee betont die Notwendigkeit, unsere Perspektiven und Methoden zu überdenken, um ein inklusiveres und ausgewogeneres Verständnis von Wissen und Sein zu fördern. Es geht darum, Werte und Praktiken, die traditionell als feminin angesehen werden, wie Empathie, Kooperation und Fürsorge, stärker in den Vordergrund zu rücken. Dieser Wandel könnte helfen, die Ungleichgewichte und Beschränkungen zu überwinden, die durch das Festhalten an einem überwiegend maskulinen Paradigma entstanden sind.
Die Umsetzung dieser Idee in praktische Handlungen erfordert ein tiefgreifendes Umdenken in vielen Bereichen unseres Lebens und unserer Gesellschaft, einschließlich der Arbeitswelt, der Bildung und der zwischenmenschlichen Beziehungen. Es geht darum, Strukturen zu schaffen, die Vielfalt und Inklusion fördern, und einen Raum zu bieten, in dem verschiedene Arten des Wissens und Seins gleichermaßen geschätzt und genutzt werden können.
Claire Zammit hat sich in ihrer Doktorarbeit damit auseinandergesetzt und beschreibt das so, dass diese Perspektive uns einlädt, darüber nachzudenken, wie wir unsere eigenen Überzeugungen und Praktiken gestalten können, um eine gerechtere und ausgeglichenere Welt zu fördern. Es geht nicht darum, das Maskuline abzulehnen, sondern um die Anerkennung und Integration des Wertes, den das Feminine in allen Bereichen des Lebens bieten kann. Die Suche nach einem neuen Nordstern ist letztlich ein Aufruf, eine vielfältigere und integrativere Zukunft zu gestalten.
Agil und Feminin: Die Geburtsstunde neuer Websessions
Angesichts dieser Erkenntnisse initiierte ich eine Reihe von Online-Websessions, die speziell darauf abzielten, den Raum für agile Praktiken und feminine Werte in der Arbeitswelt zu öffnen. Dabei fiel mir auf, dass Technologie für viele Frauen nicht im Mittelpunkt des Interesses steht und häufig wenig Begeisterung auslöst. Stattdessen waren es die Sessions und immersiven Workshops zum Thema „Agil und Feminin mit Selbstvertrauen“, die auf große Resonanz stießen. Diese Begegnungen verdeutlichten, dass der Schlüssel zur Förderung weiblicher Präsenz und Stärke in der agilen Community nicht in der reinen Technologievermittlung liegt, sondern in der Schaffung eines Umfeldes, das es Frauen ermöglicht, ihre eigenen Wege zur Ausübung von Einfluss und Macht zu entdecken und zu gehen.
Feminine Agility Quest
Die Feminine Agility Reise
Während der Omnicron Corona Welle blieb ich mal wieder in Namibia stecken. Freunde luden meinen Mann und mich ein, an einer Safari in die Namibia Wüste teilzunehmen. Ich nannte es meinen Desert-Quest. Vor dieser Reise kam bei mir der Name „FeminineAgility“ auf. Ich war verschiedentlich auf Vision Quests bei „Native Americans“. Dies war jetzt mein Vision Quest in der Wüste für mein neues Projekt. Was für eine Reise!
Desert Quest
Der Weg von der Raupe zum Schmetterling führt durch einen Kokon. Dort findet ein Kampf statt, zwischen dem Alten und den neuen imaginal Zellen. Aus diesen Ideen entsteht etwas neues. Mein Desert Quest wurde zu einem Spiegel dieses Weges durch den Kokon.
Unsere Safari führte durch die Skelettküste Namibias bis an den Kunene und dann über 70 km Dünen und durch unwegsames Gelände. Auch wenn ich schon als Kind mit 12 Jahren lernte einen Jeep in Afrika zu fahren, so war dies eine ziemliche Herausforderung für mich, ich nannte es meine Heldinnenreise.
Der erste Wegabschnitt führte uns entlang der Skelettküste. Das ist wie Wasteland, in denen viele schneeweisse Skelette rumliegen. Unser Guide, Simon, erzählte uns Geschichten von Failure und Success. Es ging um Pioniere, die an der Küste Namibias strandeten und sich entweder retteten oder den Tod erlebten.
In der Morgendämmerung in der Wüste trat ich aus meinem Zelt und war von 7 Schakalen umgeben. Sie schauten mich hungrig an.
Sie schienen wie die Kritiker im Leben. Diese sind unsere Spiegel.
Als ich mit den Schakalen sprach, wurden sie zu freundlichen Wesen. Sie waren vor allem neugierig. So ist das auch mit den Kritikern. Sie spiegeln uns unsere inneren Überzeugungen, dass wir nichts wert sind und nicht würdig.
Aber es lagen noch Meilen vor mir. Es ging durch die Wanderdünen. Mit Vollgas auf die nächste Düne bis zur Spitze und dann eine Vollbremsung, um nicht auf der Hinterseite abzustürzen. Das ist wie im richtigen Leben. Nach jeder Beschleunigung kommt die Integration.
Guide Simon ermahnte uns. Es gibt nur 5 Regeln. Regel Nummer 1: bleib in der Spur. Diese Spur hatte er als Leader für uns gebahnt durch den losen Sand. Er führte uns mit viel Intuition, wie ein Jedi Ritter durch das unwegsame Gelände. Ein Fehltritt hätte ins Abseits geführt. Übrigens, Regel Nummer 2-5: bleib in der Spur.
Dies war eine Metapher, die ich mit Claire Zammit auf Feminine Power Weg erfahren hatte. Sie hatte uns durch den Kokon geführt und machte mich jedesmal auf den nächsten Schritt aufmerksam. Ein Metapher war die folgende: egal wie viele Follower du hast, am Ende musst du „deine“ Leute finden.
Der Trip durch die Wüste war ein einziges fail forward. Anti-Fragil sein, dass ist der richtige Ausdruck. Aus jedem Fehler gilt es zu lernen, im Turbo. Auf die erste Testdüne schaffte ich es nicht. Nach dem 5. gescheiterten Anlauf kam Rudi, unser Techniker, und liess die Luft aus den Reifen, sodass sie fast platt waren. Ich selbst hätte ohne seine Anleitung nicht getraut, mit solch platten Reifen zu fahren. So fuhr ich die Düne hoch, wie auf der Autobahn. Fazit: Es ist schlau von anderen zu lernen, statt alle Erfahrungen selber machen zu müssen.
Claire wurde zu meiner größten Lehrerin in Sachen femininer Stärke. In einem Mastermind durfte ich ein Jahr lang mit ihr live Erfahrungen machen. Ihre Fähigkeit der Anti-Fragilität ist enorm. Während einer geplanten live Zusammenkunft für das Mastermind brannte eine Event Location, Lahaina auf Hawaii samt der ganzen Stadt ab. Die ganze Veranstaltung musste kurzfristig auf das USA Festland verlegt werden.
Mein Desert Quest ging weiter. Er führte über unwegsames steiniges Gelände. Es machte mir inzwischen große Freude am Steuer des LandCruisers zu sitzen.
Zurück in Deutschland, setzte ich dann gleich meine Websessions auf. Zu diesem Zeitpunkt waren fast alle im Homeoffice und hatten Zeit und Lust auf meine Sessions. Über hundert Frauen waren zum Teil in einer Websession live dabei. Es war eine immense Forschungsreise.
Claire Zammit, ihr Team und meine POD’s von Feminine Power waren meine Begleitung. „You cannot become yourself by yourself“, das spürte ich hautnah.
Meine Websessions
Frage: Was sind eure Challenges und Herausforderungen
- in Business
- in männerdominierten Domain
- in der tech Domain
Challenges
- nicht gut genug
- nicht gesehen werden
- zu viel
- nicht gewürdigt werden
- nicht wertgeschätzt werden
Das Digitalzeitalter bietet ungeahnte Möglichkeiten, die jedoch nur dann voll ausgeschöpft werden können, wenn alle Beteiligten gleichermaßen ermächtigt sind. Das Empowerment von Frauen in technologieorientierten Berufen und Führungspositionen ist daher von entscheidender Bedeutung, um Innovationen voranzutreiben und die digitale Transformation in einer ausgewogenen und inklusiven Weise zu gestalten.
Die Herausforderung der inneren Glass-Ceilings und des Imposter-Syndroms, mit denen sich viele Frauen in männerdominierten Bereichen konfrontiert sehen, verdeutlicht die Notwendigkeit einer umfassenden Unterstützung und Förderung weiblicher Talente. Es geht darum, die tiefe Verbindung von Frauen mit ihrer inneren Weisheit und Intuition zu stärken und ihnen zu helfen, ihre einzigartigen Stärken und Fähigkeiten zu erkennen und zu entfalten.
Die Arbeit von Claire Zammit und ihre Forschung über „Feminine Power as a tripartite system of relatedness“ zeigen einen Weg auf, wie Frauen ihre Beziehung zu sich selbst, zu anderen und zum Leben selbst neu definieren und stärken können. Durch das Erkennen und Entwickeln der eigenen femininen Kraft in einem dreiteiligen System der Verbundenheit – Selbst-Beziehung, Beziehung zu Anderen und Beziehung zum Leben – können Frauen eine neue Art der Macht entdecken, die auf Verbundenheit, Kooperation und einem Bewusstsein für das größere Ganze beruht.
Das Empowerment von Frauen im Digitalzeitalter erfordert jedoch mehr als nur persönliche Transformation. Es bedarf struktureller Veränderungen in Organisationen und der Gesellschaft, um ein Umfeld zu schaffen, das Vielfalt und Inklusion fördert und Geschlechtervorurteile überwindet. Die COVID-19-Pandemie und die daraus resultierende Expansion des Online-Trainings haben gezeigt, dass digitale Plattformen und Tools genutzt werden können, um Räume für den Austausch und die Weiterbildung von Frauen in der agilen Welt zu öffnen.
Die Initiative, spezielle Online-Websessions für Frauen zu organisieren, die agile Praktiken und feminine Werte in der Arbeitswelt fördern, ist ein Beispiel dafür, wie Technologie genutzt werden kann, um weibliche Präsenz und Stärke in der agilen Community zu unterstützen. Durch solche Angebote wird ein Umfeld geschaffen, das es Frauen ermöglicht, ihre eigenen Wege zur Ausübung von Einfluss und Macht zu entdecken und zu beschreiten.
Um das Empowerment von Frauen im Digitalzeitalter erfolgreich zu gestalten, ist es essenziell, dass Organisationen und Führungskräfte die transformative Kraft der femininen Energie erkennen und wertschätzen. Es geht darum, eine Kultur der Anerkennung und Unterstützung zu schaffen, in der Frauen ermutigt werden, ihre Rollen als Mitgestalterinnen einer integrierten, bewussten und vernetzten Welt zu übernehmen. Nur so können wir die digitalen und gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit in einer ausgewogenen, gerechten und nachhaltigen Weise bewältigen.